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Freitag, 2. September 2022

MX 589 + 590 - Auf Alptraum-Mission

Mit dem Einbiegen des Weltenriss-Zyklus in die Schlusskurve kredenzt Ian Rolf Hill der geneigten Leserschaft einen Zweiteiler, der die Bergung des Flächenräumers von einem Asteroiden zum Ausgangspunkt hat. Dabei handelt es sich um eine Art außerirdischen Raum-Zeit-Staubsauger, der überdimensionierte kosmische Entitäten in eine weit erntfernte Zukunft verbringen kann – sollen sich später andere Generationen darum scheren. Im Real-Life kennen wir das vom Atommüll.

Im Falle der aktuellen Serienhandlung ist es ein Streiter, der entsorgt werden muss – eine planetenfressende, intelligente Wolke, die mit den unenedlichen Weiten des Alls eine gut bestückte Lunchbox vorfindet. Beides, Streiter und Flächenräumer, sind aus der Seriengeschichte recycelte Handlungselemente, und wo BASTEI schon bei Wiederaufbereiten ist, kommen hier auch noch ein von früher bekannter Stein mit üblen Eigenschaften sowie eine Schwarmintelligenz namens One ins Spiel. Überhaupt, so mag ich ein vorsichtig-vorläufiges Resümee versuchen, hat der aktuelle Erzählbogen der MADDRAX-Serie so einigen verschollenen Figuren und Schauplätzen eine Laufzeitverlängerung beschert. Das war sicherlich nötig: Nach einem starken ersten Drittel, in denen sich ein finsterer Kult aus einer lovecraftartigen Parallelwelt anschickte, die Welt zu erobern, machte sich plotmäßig eine leicht ermüdende Routine bemerkbar. Eine Erweiterung auf eine erweiterte Bedrohung, eben jenen Streiter, brachte Komplexität in die Handlung und hat beim Lesen Freude bereitet. Nun wird es die Aufgabe des Autorinnenteams sein, in den verbleibenden neun Episoden die zahlreichen Fäden zusammenzuführen und zu einem Finale zu verschmelzen, dass dem grandiosen Auftakt der Romane „Dunkle Gegenwart“ und „Dunkle Vergangenheit“ gerecht wird.

Worum geht es in „Mission Flächenräumer“ und „Der Medusa-Effekt“? Eine Expedition reist per Wurmloch zu besagtem Asteroiden im Ringplantensystem, darunter mit Matthew Drax, Aruula, Victorius und Quart'ol alte Serienbekannte. Aber auch zwei interessante neuere Frauenfiguren, die IngenieurinTriell und Commander Ashley Mara, sowie viele Nebenfiguren befinden sich an Bord der PLASMA. Als hätte sich die Bergung des desolaten Flächenräumers nicht als ohnehin kompliziert erwiesen, scheint Drax auch noch die Zielscheibe von einigen Attentaten und Sabotageversuchen zu sein, die nicht nur sein Leben, also auch noch die ganze Mission gefährden. Der Pacinowa Justipluu macht sich an die Ermittlungsarbeit...

Das zweiteilige Weltraumabenteuer präsentiert sich als reichhaltiger SciFi-Mix. Ian Rolf Hill verweist die Actionsequenzen diesmal deutlich in den Hintergrund zugunsten einer Space-Opera, die ihr zahlreiches Personal so liebevoll und lebensnah beschreibt, dass ich mich als Leser zuweilen gar an Becky Chambers „Wayfarer“-Romane erinnert fühle. Der Kriminalfall sorgt für etwas Hercule-Poirot-Flair, auch wenn die Identität des Attentäters keine wirkliche Überraschung ist. Dazu mischt sich sich klaustrophobischer Space-Horror. Doch dass - und vor allem wie! - eine große und äußerst heterogene Raumbesatzung es schafft, Problem um Problem zu lösen und gemeinsam einen Trip, der nach und nach zu einem wahren Albtraum wird, zu überstehen, das ist dem Autor nachdrücklich gelungen; Vergleichbares habe ich in dieser Serie bisher noch nicht gelesen. Ein wirklich typisches Maddrax-Abenteuer liegt hingegen nicht vor. So viele interstellare Bonusmeilen werden hier gesammelt, dank Wurmloch-Generator ohne nennenswerten Aufwand, dass der eigentlich postapokalyptische Flair der Reihe nicht bedient wird. Zum Ausgleich gibt es eine flirrend-paranoide Atmosphäre, starke Szenen, Charaktere mit Tiefgang und Schicksale, die in die Magengrube fahren und ganz sicher, wie etwa im Fall von Victorius oder Xaana, auch einen Impact auf die kommenden Ereignisse haben werden. 


[Dieser Artikel wird in leicht veränderter Form auch zeitnah auf phantastik-news.de erscheinen.]

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