In einem
verborgenen Höhlensystem unter Karl Mays
Silbersee befindet
sich der Zugang zu einer Ader aus Silbererz, die munter von Old
Firehand abgebaut werden kann, wenn am Ende des Romans die Schurken
besiegt und die Besitzverhältnisse geklärt sind. Das umkämpfte
Gewässer befindet sich in der Salzwüste Utahs, das erst vor wenigen
Ausgaben Schauplatz meiner Lieblingserie war, das
Buch Koolob
nämlich von Simon Borner. Für den
Schatz im Kratersee, den
aktuellen Maddrax-Beitrag von Christian Schwarz, verschlägt es Drax,
Aruula sowie die Daa'muren Grao und Ira aber ins postapokalyptische
Sibirien – hier hat der Komet Christopher Floyd nach seinem
Einschlag im Jahre 2012 ein gigantisches Meer geschaffen, das von
einem Ringgebirge umgeben und von tropischer Flora und Fauna geprägt
ist. Der Himmelskörper war in Wahrheit eine Alien-Arche, ihrerseits
verfolgt vom Streiter, einer weiteren kosmischen Entität, und seine
ausgehende CF-Strahlung sorgt auf der Erde für allerlei wunderliche
Mutationen... So weit, so bekannt. Zumindest regelmäßigen
Leserinnen und Lesern der Reihe. Denn so gelungen
Der Schatz im
Kratersee auch ist, setzt er doch einiges Wissen zum
Serienuniversum voraus und kann kaum als einsteigerfreundlich
bezeichnet werden. Der titelgebende Schatz, eine erkleckliche Menge
Daa'murenkristalle, befindet sich wie bei Karl in einem Höhlensystem,
doch damit endet schon die Parallelität zu dem 1891 erschienenen
Abenteuerroman. Wenn es Anspielungen gibt, sind sie für
Feinschmecker und profunde Kenner des
Silbersees.
Das tut dem
Lesevergnügen aber keinen Abbruch. Schwarz bedient sich des
bewährtesten aller Maddrax-Rezepte und zeigt in zwei abwechselnden
Zeitebenen, wie es in der Vergangenheit zu der grotesken Situation
kam, mit der die Protagonist/innen in der Gegenwart konfrontiert
werden. Als Grosszarin Nadeschda, Leiterin einer Bunkergemeinschaft
im postapokalytischen Novosibirsk, eingefrorenens genetisches
Material aus der Zeit vor der Katastophe entdeckt, wittert sie die
Chance, Lebenserwartung und Gesundheit der immunschwachen Community
zu verbessern und ausserdem noch ein paar Superkrieger (Donkosaken
sollen sie heißen) zu züchten. Doch sie läßt sich auf ein
gefährliches Spiel mit dem Wahnsinn ein, setzt sich selbstherrlich
über über die Statuten der russischen Bunkerliga hinweg und kreiert
schliesslich im Selbstversuch – wie könnte es anders sein – eine
Monströsität der besonderen Art.
Versiert und
stilsicher erzählt Christian Schwarz diese Metamorphose und ihre
Wirkung im Serien-Jetzt, überrascht mit einigen Wendungen und
verlässt sich im Übrigen völlig auf die Strahlkraft seiner
exzentrischen, berechnenden und (natürlich) erotischen Antagonistin.
Und obwohl die Grosszarin ein wandelndes Romanheft-Stereotyp ist,
kommt die Episode nicht allzu trashig, eher augenzwinkernd daher. Ein
paar Seiten mehr hätten der Erzählung zwar gut getan, denn die ein
oder andere Szene hätte durchaus das Potential gehabt, ausführlicher
ausformuliert zu werden. Das ist halt dem Format geschuldet und geht
absolut in Ordnung – unterm Strich stimmen Story, Spannung, Sprache
und Humor.
[Dieser Artikel wird in leicht
veränderter Form auch zeitnah auf phantastik-news.de erscheinen.]
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