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Dienstag, 2. März 2021

Noch ne dunkle Zukunft

Anfang September diesen Jahres findet in Houston, Texas das jährliche Treffen der NRA, der US-Lobbyorganisation für freie Schusswaffen, statt. Anlässlich dieses Treffens kommt es, wir schreiben die zweite Amtzeit von Präsident Trump, zu Unruhen, die in einem Bürgerkrieg münden. Als Donald im Jahre 2027 dann seine dritte Amtszeit antritt, ist die Welt auch ohne sein Zutun längst aus den Fugen. Der Komet „Floyd“ liegt seit 2015 unbeirrt im Sediment des Victoriasees und versorgt die Anhänger der Theokratie, die um ihn entstanden ist, mit vortrefflicher Alientechnologie – ist er doch in Wirklichkeit eine Raumarche und hat die Welt auch gar nicht in Chaos versenkt, wie es sein Pendant „Christopher-Floyd“ 2012 noch getan hat. In einer anderen Realität versteht sich.

Zwei parallele Welten, zwei unterschiedliche Historien – vereint durch einen Riss im Raum-Zeit-Gefüge des Maddraxiversums. Zu Beginn des neuen Zyklus schuf Oliver Fröhlich mit Band 550 der Serie nicht nur eine bizarr-verstörende Stadt, die plötzlich aus dem Nichts in Afra auftaucht, sondern sorgte auch für einen ausgeklügelten Hintergrund dieser seltsamen Ereignisse. Der lag aus Zeitgründen nur in Form eines Exposès vor, Sascha Vennemann sprang als Autor ein und landet mit Dunkle Vergangenheit einen ziemlich großen Wurf. Dunkle Vergangenheit ist, der Titel macht da kein großes Geheimnis, die Vorgeschichte zu Dunkle Gegenwart von vor vierzehn Tagen. Wenn ich denn unbedingt was kritisieren wollte, würde ich lediglich bemängeln, dass die Episode gern auch noch das ein oder andere Detail im Verborgenen hätte belassen können. Nach der Lektüre (Vennemann reizt den Heftumfang maximal aus) ist so ziemlich jedes Rätsel, das der Vorgängerband aufgegeben hat, gelöst und keine Frage mehr offen. Da hätte ich als Leser durchaus noch für ein paar weitere Folgen Geduld gehabt. Auf der Habenseite steht aber ein durchweg toll geschriebener, formal recht experimentierfreudiger Roman, der mit einer irritierenden Überraschung beginnt - die gleiche Eingangsszene wie in Heft 1 im Jahre 2000 – mit ein paar schrägen Daten bei den Stammleser/innen Verwirrung stiftet, um dann einen epischen 500jährigen Bogen ins Serien-Heute zu spannen, der, anders als sein Vorgänger, weniger auf Horrorelemente denn auf SciFi mit deutlichem Cyberpunk-Touch setzt. Als Einheit gesehen, zäumen beide Episoden das Pferd also gleich von zwei Genre-Seiten her auf – der Ritt durch die kommenden Hefte verspricht wild zu werden, denn die Fülle an Plot und Hintergründen ist jetzt schon gewaltig.

Und ganz klar ist: Der Parallelwelt-Matt dieser Folge ist der mittlerweile dritte seiner Art, und ohne Frage der interessanteste und -sic!- anrührendste von allen. Ganz groß, die Herren Fröhlich und Vennemann!

[Dieser Artikel wird in leicht veränderter Form auch zeitnah auf phantastik-news.de erscheinen.]

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