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Mittwoch, 23. Dezember 2020

Der ewige Anfang

Katharina Glücks schmales Erzählbändchen hätte wohl nie meinen den Weg gekreuzt, wäre ich bei der Suche nach neuen Podcasts für die Versüßung leidiger Haushaltspflichten nicht über einen ambitionierten Münchener Literaturkanal gestolpert, der mir die Kurzgeschichte Aus der Asche präsentierte. Ich war umgehend begeistert von dieser ungeheuerlichen Geschichte einer versehentlichen Brandstiftung und einer vertuschten Mitwisserschaft. Soviel Güte inmitten soviel Grauen, dazu eine unprätentiöse und doch anrührende Sprache haben mich sofort das Buch ordern lassen, dem die Story entstammte. Das ist als Direct Publishing bei Amazon erschienen, was mich eigentlich nervt, denn erstens vergurken die gummiartigen Cover ziemlich schnell und werden unansehnlich und zweitens kann ich das nicht im Buchladen um die Ecke beziehen, sondern muß Jeff Bezos gegen meinen Willen Geld in den Rachen schmeißen, bei dem ich doch eigentlich nicht mal mein letztes Hemd bestellen mag. Egal, Katharina Glücks Der Ewige Anfang ist trotzdem toll. Mal schlägt die Autorin einen fast märchenhaften Ton an (Wüste über Nacht), mal ist sie sachlich und lakonisch (Ein Jahr am Meer), mal sind die Geschichten dunkel und schmerzhaft (Der Tag, an dem Lene mich bat sie mitzunehmen), mal funkelnd böse (Der Hund). Allen Geschichten ist gemeinsam, daß sie sehr kurz sind und sich prima zum Lesen eignen, wenn man grad selbst keinen langen Atem hat. Aber auch am Stück - sozusagen als LP - ist dieses Buch ein Volltreffer. Katharina Glück wäre dann eine äußerst eigensinnige Singer/Songwriterin, der es in ihren Liedern gelingt, trotz ihres unaufgeregten Sounds tief in menschliche Abgründe zu leuchten; Der ewige Anfang wäre ein Album mit einem stimmigen Flow und hoffnungsvollem Ausblick. Ihr Roman Entgleist ist übrigens in einem "richtigen" Verlag erschienen - meine Buchhändlerin wirds freuen.
 

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