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Samstag, 22. August 2020

MX 537 - Denken Sie gross!

Eine kleine feine Szene aus dem neuen Maddrax: Barbarin Aruula sitzt am Lagerfeuer und verspeist eine geröstete Lischette. Die Glut, der Sternenhimmel, die Geräusche des Waldes: All das läßt sie nachsinnen über jene Aruula, die sie zu Beginn ihrer Abenteuer mit Matthew Drax, dem Mann aus der Zukunft, war. Die Unterschiede zwischen den ersten Bänden der mittlerweile seit 20 Jahre laufenden Heftromanserie und den aktuellen Ausgaben sind ja auch beträchtlich. So schien es mir eine ziemlich steile These, als die beiden in Band 2 oder 3 (wenn ich mich recht erinnere) einen Geländewagen fanden, der in Öl eingelegt 500 Jahre voll funktionstüchtig überdauert haben soll. Im aktuellen Zyklus - wie auch schon lange - wird mit Fahr- und Flugzeugen aller Art hingegen gar nicht mehr gegeizt, und wie in echt  ist auch die Maddrax-Erde ein globales Dorf. Zumindest wenn man Protagonist*in ist und sich zum postapokalyptischen Jetset zählen darf. Und da wir in besagter Szene Aruulas Gedanken belauschen dürfen, wissen wir auch: Ein bißchen funktionieren die beiden wie ein altes Ehepaar. Aber Hauptsache sie funktionieren... denn in Die Bestienmacher tischt Autor Sascha Vennemann Gegner auf, die nicht zu klein geraten sind. 

Da der Gleiter RIVERSIDE flugunfähig ist, verfolgen Matt, Rulfan und Aruula ihre energiefressenden Gegner um Olivia und die reduzierten Krieger des Lichts per KFZ. Diese haben grad eine weitere Fähigkeit entdeckt, die ihnen jene Tachyonen-Entität verleiht, die sich der einstigen Rebellentruppe bemächtigt hat: Sie können kraft ihrer Gedanken fremde Lebewesen zu Monstren mutieren lassen und befehligen. Da kommt es gerade recht, daß sich im Erdreich um eine Retrologen-Community im Gloomy-Park (ein ehemaliger Freizeitpark) Gejagudoos tummeln, und außerdem daß jene Retrologen mit Kernenergie arbeiten - vermeintlich leichte Energiebeute. Also den Park mit reichlich Mutanten angreifen und den Strom absaugen, denken sich Olivia und Co, haben aber die Rechnung ohne die drei Romanhelden gemacht. In einer Nebenhandlung spürt Worrex den geklauten Trilitiumkristall auf, um den Gleiter wieder ans Laufen zu kriegen, und schließt dabei merkwürdige Bekanntschaft mit einem Dr. Alokin, der über Parallelwelten forscht.

Ich habe das Heft mit großem Vergnügen gelesen, bin aber für ein abschließendes Urteil etwas zwiegespalten. Vennemann schreibt äußerst lebendig und spannend, er baut die Episode interessant auf. Auch die Nebenfiguren Byll und Harrisette sind gelungen. Das Mental-Duell zwischen Olivia Canning und Aruula und das Ende des zum Giganten mutierten Gejagudoo sind wirklich ein Kracher! Doch zu bekritteln wäre da auch einiges: Das schöne Setting des abgewrackten Freizeitparks hätte ruhig noch mehr zur Geltung kommen können, im Grunde bleibt der Gloomy Park Kulisse und der Endkampf hätte auch an jedem beliebigen anderen Ort spielen können. Auch wird zu Beginn etabliert, wie kräftezehrend das Mutierenlassen selbst kleiner Lebewesen für die Bestienmacher sei, den Regenerationsphasen kommt dann aber keine besondere erzählerische Aufmerksamkeit mehr zugute. Daß das Bewußtsein von Erasmus Goldstein irgendwie noch im Bossgegener-Gejagudoo vorhanden sein soll, ist erst erst ziemlich konstruiert und dann im Verlauf der Geschchte ziemlich egal. Und der Plot um Worrex und Dr. Alokin bleibt leider etwas unterbelichtet, obwohl er sogar das Zeug zum Einzelheft hätte.

 In welche Schublade also mit Die Bestienmacher? Unterm Strich bleibt die Erkenntnis, daß die Krieger des Lichts zwar noch mächtiger geworden sind, die Haupthandlung aber darüberhinaus nicht wirklich weitergetrieben wurde. Ein gutes Einzelabenteuer also. Außerdem keimt da der Wunsch auf, bei aller Action die emotionalen Beziehungen zwischen den Hauptfiguren nicht zu vernachlässigen, auch leise Töne zuzulassen, wie es in frühen Ausgaben durchaus mehr der Fall war. Die Lagerfeuerszene könnte dafür ein guter Anfang sein.


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