Dieses Blog durchsuchen

Sonntag, 16. Mai 2021

Oh, das fing gut an! Und war dann doch ne Schinderei.

Brandon Q. Morris ist das Schriftstellerpseudonym für Matthias Matting, der nicht nur ein waschechter Physiker ist, sondern sich als Autor von Hard-SciFi und äußerst erfolgreicher Selfpublisher einen Namen gemacht hat. Er weiß also, wovon er schreibt, wenn er seine zahlreichen Bücher auf dem Markt wirft, in denen es fast ausschließlich um Missionen zur Erforschung und Besiedlung anderer Planeten unseres Sonnensystems und darüber hinaus geht. Denn, so der Autor auf seiner gut gepflegten Homepage, unter Hard-SciFi müsse man vor allem verstehen, dass alles das, was in den Geschichten passiert, so auch in echt stattfinden könnte – physikalisch korrekt, gibt es kein Naturgesetz, was dagegen spräche. Wegen seines schrifstellerischen Fleißes also, aber auch wegen seines professionellen Marketings, hat sich Morris im SP-Segement eine solide Fanbase erarbeitet, die nun auch mit einer (äußerst spannend klingenden) Publikation bei Fischer TOR eine Art logische Fortsetzung findet.

Der Mars also. Mars Nation heißt die mittlerweile vierbändige Reihe, die eine Besiedlung unseres nächsten Nachbarn in den 2040ern zum Gegenstand hat. Ohnehin ein heißes Thema zur Zeit; die Erforschung des roten Planeten und die damit verbundenen Bilder und Erkenntnisse lassen auch mich nicht unberührt. Auf fiktionaler Ebene waren Der Marsianer mit Matt Damon und die Mini-Romanheftserie Mission Mars aus dem Maddrax-Universum (u.a. von Phantastik-Urgestein Wolfgang Hohlbein) echte Highlights in der letzten Zeit. Das Brandon-Q.-Morris-Versprechen lautet nun also, die ersten Schritte zur Besiedlung nah am Stand der Forschung und des realistisch Möglichen zu erzählen. Das gelingt absolut – Mars Nation 1 & 2 lesen sich über weite Strecken hinweg durchaus interessant, aber haben eher den Spannungsbogen gelungener Erwachsenenbildung. Weil Morris dabei kurioserweise mit zwei Prämissen aus dem o.g. Ableger meiner heißgeliebten Nicht-so-ganz-Hard-SciFi-Pulp-Reihe aus dem Basteiverlag arbeitet, bietet sich ein kleiner Vergleich an. So verlieren die Neuankömmlinge noch vor der Landung gänzlich den Kontakt zur Erde. Eine unbekannte Katastophe hat offenbar die Menschheit ins vortechnische Zeitalter zurückkatapultiert und macht die weitere Betreuung und Versorgung der Pioniere unmöglich, von einer Rückkehr ganz zu schweigen. Und im zweiten Band – Achtung Spoiler! - kommt es gar zur Entdeckung unterirdisch verborgener extraterrestrischer Technologie. Da haben sich in Mission Mars längst Stämme aus den verschiedenen Paarungen gebildet, die später noch zu Völkern werden sollen. Das Terraforming kommt auf dem Maddrax-Mars ebenfalls recht gut voran, während ich in Mars Nation lernen muß, daß man schon mal mit gut 10.000 Jahren harter Arbeit rechnen müsste, bis ernsthaft Bäume auf dem Marsboden wachsen würden.

Überhaupt lernen – es ist schon toll, wie die akribische Berücksichtigung von physikalischen Verhältnissen und dem 2041 zu erwartenden Stand der Raumfahrttechnologie inklusive Energiever- und Fäkalienentsorgung die Handlung um die beiden konkurrierenden Missionen durchzieht, die sich schließlich gegen den Herrschaftsanpruch einer dritten Macht verbünden müssen. Am interessanten ist dabei die Figur der Ewa, die ein Extrembeispiel menschlichen Überlebenswillens gibt, das bis ins letzte Drittel des zweiten Romans trägt. Doch der nüchterne Stil des Autors stößt auch zu oft – zumindest bei mir – an seine natürlichen Grenzen. So war mancher Handlungsstrang eher Querlesen und Quälerei. Besonders der Cliffhanger zu Band 3 macht mir wenig Hoffnung, dass weiterhin noch irgendwie halbwegs bleibt, weshalb ich meine Lektüre der Serie nach zwei Büchern einstelle. Habe ich doch gerade an Teil 2 fast ein halbes Jahr rumgeackert. Aus Maddrax weiß ich schließlich längst: Aus der Ursprungsbesiedlung des Mars wurden später die Hydriten. Der Funkkontakt riss ab, weil eine als Meteroit getarnte Raumarche mit der Erde kollidierte. Und gegen die macciavellistischen Zudringlichkeiten der Spaceliner-Mission würde das Schwert einer gewissen leichtbekleideten Barbarin sicher am besten helfen.

Meine nächste Morris-Lektüre aber wird vielleicht eher Die Störung. Da geht es um den Ursprung des Universums. Kein schlechtes Thema für den Herbst...?

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen