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Dienstag, 1. September 2020

In die Magengrube: Aristophania Bd. 2

Über den Vorgänger, den Eröffnungsband des Aristophania-Vierteilers Das Reich Azur hatte ich notiert, daß es eher die Zeichnungen waren, die mich als Leser in Atem gehalten haben. Die Story war so lala - Fantasy von der Stange halt. In einem Armenviertel im Marseille der Frühindustrialilierung lebt, als einfacher Arbeiter getarnt, ein Mitglied des Hofes von Azur, einer Vereinigung von Magiern und Hexen. Im Kampf mit einem Lakaien des Dunklen Hofes um den abtrünnigen Verbannten König, wird er getötet und hinterläßt seine Frau und drei Kinder: Der sture Basile, der intelligente aber überängstliche Victor und Calixe, die mit ihren 9 Jahren gleichsam magisches Talent zu haben scheint. Das gilt es aber erst herauszufinden und ggf. zu fördern, weshalb sich die Gräfin Aristophania entgegen ernsthafter Bedenken entschließt, die Kinder auf ihrem Anwesen in der Provence aufzunehmen und auszubilden. Denn nur mit Hilfe der magischen Azur-Energie, die als eine Art Chi oder umspannender Lebensatem eingeführt wird, haben die drei eine Chance, das Leben ihrer Mutter zu retten und den Tod des Vaters zu begreifen. Und nur so kann der Hof Azur vielleicht die sagenumwobene Morgenrotquelle finden und den immer mächtiger werdenden Dunklen Hof besiegen - andernfalls wäre er früher oder später dem Untergang geweiht. Doch der Entschluß der Gräfin war, so begreifen wir zu Beginn der Fortsetzung, vielleicht eine verheerende Fehlentscheidung...
Der verbannte König bringt auch auf Ebene der Erzählung Fahrt in die Serie. Die Ereignisse werden düsterer, verwobener, bedrohlicher und werfen zahlreiche Fragen auf: Warum eignetlich wurde der König verbannt? Können wir uns wirklich sicher sein, daß Azur das Gute, der Dunkle Hof aber immer das Böse in dem Spiel ist? 
In Tonfall und Atmosphäre erinnert Der verbannte König  manchmal Neil Gaimans Niemalsland, und ebenso finster und brutal ist die Welt, die Xavier Dorison und Zeichner Joel Parnotte entwerfen. Jede Lieblichkeit täuscht, und auch die Mitglieder des Hofes Azur sind beileibe keine Sympathieträger. Die Figuren, allen voran Basile, legen deutlich an Charakter zu. Wenn ich also nun auch der Story bescheinigen muß, wesentlich interessanter geworden zu sein, so bleibt das Artwork ungebrochen sehenswert. Parnottes Bilder haben eine detailreiche Tiefe, ohne jemals überladen zu wirken, eine eigentümliche Schraffur der Linien und Schatten geben den handwerklich brillianten, einer traditionellen Bildsprache verpflichteten Panels eine unverwechselbare und - im postitiven Sinne - irritierende Note. Und da Der verbannte König uns am Ende nach einem Funken Hoffnung (Liebe, you know...) eine äußerst bittere Erkenntnis beschert, kann ich nach Abschluß meiner Lektüre kaum erwarten, wie es weitergeht. Leider veröffentlicht SPLITTER Die Morgenrot-Quelle erst im April kommenden Jahres.

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