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Freitag, 28. Mai 2021

MX 557 - Dick genug

Ian Rolf Hill, der mit dem Sklavenhändler sein 34. Maddrax vorlegt, ist Comic-Freak - was Literaturwissenschaftler/innen zukünftiger Generationen mit Leichtigkeit an seiner Schreibe werden nachweisen können. So sind die Kampf- und Prügelszenen, und davon gibt es in seinen Stories reichlich, deshalb so gut les- und visualisierbar, weil sie von Panel zu Panel gedacht sind, oft mit überraschenden Perspektivwechseln arbeiten (z.B. die Faust aus dem Blickwinkel dessen, der sie gleich vor die Rübe kriegt) und eine klare Bildsprache bedienen. Ganz allgemein sind seine Erzählungen in Sachen Gewaltdarstellung ähnlich drastisch, wie wir es vom US-Comic gewohnt sind, und genau wie dieser etwas dezenter, wenn es sexuell wird. Hill hat einen Heidenspass daran, seine Figuren in die Extreme zu treiben: Extrem wahnsinnig, extrem kampfstark,extrem brutal. Gerade erst als Halbtote auf dem OP-Tisch zusammengeflickt, jetzt schon wieder im Fast-Alleingang eine Bande übler Schlägertypen mit beinahe akrobatischen Nahkampf-Skills in Schach halten – das ist durchaus ein bisschen drüber. Oder wie unser Omma gesagt hätte: Es kann mal wieder nicht dick genug rauskommen.

Der Sklavenhändler knüpft nahtlos an Folge 552, Vasraas Rache an, spielt auf der anderen Seite des

großen Teiches und kommt ohne den Titelhelden der Serie aus. Vasraa Uon heißt jetzt Razor, sonst ändert sich wenig. Nach ihrem Gleiterabsturz weiß sie nicht mehr, wer sie ist, wird vom Waashtoner Unterweltkönig King Curd aufgegriffen, der ins Sklavengeschäft einsteigen und deshalb mit einem Menschenhändler kooperieren will. Die Bande unbeugsamer Straßenkinder, die Maddrax uns schon im vergangenen Zyklus vorgestellt hat, ist dabei das Ziel. Razors Erinnerungen dringen zwar nur äußerst bruchstückhaft an die Oberfläche, doch wer in diesem Spiel die Guten und die Bösen sind, sagt ihr der Instinkt.

Mein Instinkt hingegen wies mich immerhin freundlich darauf hin, daß die Namenswahl sicher nicht zufällig ist. Razor? Irgendwie klingelte da was. Und tatsächlich, Razor ist auch die Titelheldin einer ziemlich trashigen Revenge-Slasher-Comicreihe aus den 90ern; die Bildersuche zeigt eine Kampfmaschine mit Messerhänden und meist halbrasiertem Schädel, und angesichts einiger Suchergebnisse scheint auch die Einstufung 18+ nicht gänzlich unplausibel. Eine Hommage also, und was die Brutalität angeht, ist Der Sklavenhändler so wenig zimperlich wie der Comic. A propos Namen: Einen Butscha gibt es ebenfalls, auch einen Peet Bull … dass der Episodenbösewicht auch noch Hesch Tägg heißt und seinem „Besitz“ gern ein ebensolches Brandzeichen verpasst, wäre mir in einem „seriösen“ Buch vermutlich dann doch etwas zu albern. Doch das Genre Pulp-Roman hält solchen Quatsch locker aus, zumal dieses Heft ohnehin ein rundum gelungenes Lesevergnügen ist.

Ich kann es nicht oft genug loben, und weiß ja auch, dass ich mit dieser Meinung nicht alleine unter den Serienfans bin: IRH kann einfach mit Worten. Ob es die zittrige OP eines versoffenen Unterwelt-Arztes ist oder die archische Schlachtung eines Schweins, der Kampf der Straßenkids gegen ihre Häscher: Der Roman ist eindriglich, drastisch und sehr sehr finster. Wer für sowas empfänglich ist, wird sicher seinen Spaß damit haben.


[Dieser Artikel wird in leicht veränderter Form auch zeitnah auf phantastik-news.de erscheinen.] 

 

Fürs Archiv: Fälschung und Original von der Facebookseite "Aus der Welt von Maddrax"  - danke dafür, bestes Fandom der Welt!!!


 

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