
Schon das schöne Cover läßt keinen Zweifel daran: Wir begegnen Smythe. Natürlich dem aus der Parallelwelt, denn der andere ist ja längst tot. Sein jetziges Ich ist aber kein bißchen weniger bösartig und manipulativ. Unkraut vergeht (zum Glück für mich als Leser) nicht, und niemand hat wohl ernsthaft geglaubt, daß sein Feststecken in GRÜNs Dornenwall am Ende von Über den Tod hinaus der letzte Auftritt dieses ewigen Antagonisten war. Dank Schallkanone gelingt dem Professor seine Befreiung aus dem Gestrüpp. Eine Gruppe von unterbelichteten Vikings-LARP-Banditen, die sich für Odins Rächer halten, sind leicht zu überzeugende Handlanger für einen Plan, an dessen Ende der Tod von Matt und Aruula und die Herrschaft über ein befreites Coellen steht – zumindest für den Anfang.
Matt, Aruula, Wulfan und Worrex landen also in Coellen, um auch hier ihre Büchse mit dem Tachyonenwesen zu öffnen, der das Portal in die Parallelwelt schließen soll. Worrex tarnt sich als Inspektor Columbo, was das Autorenteam sich aber hätte sparen können, denn dieser Gag hat keinen nennenswerten Einfluß auf die Handlung. Die wird vielmehr von der titelgebenden Entscheidung dominiert, die Rulfan nun zu treffen hat: Will er mit seiner Familie auf dieser neuen Erde leben, die ja ebenfalls nicht arm an Abenteuern ist, aber zumindest den verheerenden Krieg mit den Daa'muren seit fast 400 Heften siegreich hinter sich hat? Oder will er tatsächlich zurück in seine angestammte Dimension, um dort weiter sein Leben und das seiner Familie in einem Kampf zu riskieren, dessen Ausgang mehr als ungewiß ist? Seine Frau Maleen jedenfalls hat als alleinerziehende Mutter im Belagerungszustand kein leichtes Leben hinter sich und verpaßt ihrem Weltenretter zur Begrüßung erstmal eine Abreibung, bei der sie mich zu 100% auf ihrer Seite hat. Aber Held ist nunmal Held, und ein Held mit innerem Konflikt ist deutlich interessanter als einer ohne. Zumal die Gewissensnöte sich verschärfen, als ein Blick durchs Portal zeigt, daß die Daa'muren in den vergangenen Monaten nicht untätig waren: Coellen ist von den Invasoren eingenommen, die Welt wie Rulfan sie kannte nur noch ein Trümmerfeld. Auch für Leser*innen der Serie zeigt sich hier, wie das Maddraxiversum aussähe, wenn die Außerirdischen ihren Kampf damals gewonnen hätten. Es könnte schlimmer sein, wie jene irische Redewendung weiß, von der Heinrich Böll (auch ein Coelleni) in seinem wunderbaren Irischen Tagebuch berichet: „Man hätte statt des Beines den Hals brechen, statt des Zuges den Himmel versäumen, und statt Pleite zu machen, hätte man seinen Seelenfrieden verlieren können.“ Statt des Stresses mit den Parallelwelten zu haben, könnte die Erde auch eine Trümmerwüste sein.
Doch bevor ich philosophisch werde: Maleen samt Sohnemann werden von Smythes Leuten entführt. In einem
toll geschriebenen Showdown werden die antiken Katakomben unter der Stadt
geflutet, Leonard nur knapp gerettet und die lästig gewordene Partnerin samt ihren Ansprüchen und Bedürfnissen erzählerisch
entsorgt. Ob getötet oder nur verschollen, bleibt zwar offen –
doch da Rulfan die Betreuung seines Nachwuchses kurzerhand an die
Tochter des Bürgermeisters outsourcen kann, lösen sich Rulfans innere Nöte auf ziemlich billige Art und Weise. Der Held kann
endlich richtig Held sein und den Widerstand in der noch
dunkleren Zukunft der alternativen Erde anführen.
Das, liebes MX-Team, finde ich dann aber doch sehr tief unter der
Latte durchgesprungen. Denn denn Konflikt war gut etabliert, der
Neo-Barbar hätte seine Entscheidung mit allen Konsequenzen ziehen
müssen. Auch mit der Folge, dem Leser vielleicht unsympathisch zu
sein. Oder eben mal ausnahmsweise kein Held. Zumindest hätte es
sonst noch ein Kapitel gebraucht, in dem Rulfan die Vermisste sucht, mit
sich hardert, Schuldgefühle seinem Sohn gegenüber hat, etc. Aber so ist er mir zu einfach aus der Nummer rausgekommen.
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