Als Stefan Hensch im letzten Drittel von Auf Blut gebaut Matt, Aruula, Rulfan und Worrex per Gleiter in Lancaster und somit im Romangeschehen ankommen läßt, sind die Helden keine Sekunde zu früh. Eigentlich wollten sie am Portal (einem jener Anomalien in der Raumzeit, die wo sie auftauchen die Parallelweltphänomene des Serienzyklus zu verantworten haben) endlich das rückeroberte Tachyionen-Prionen-Dings testen. Doch zunächst gilt es, in eine ziemlich üble Entwicklung einzugreifen. Seit dem Jahr ihres Aufbruchs - in echt ist seit Ausgabe 500 noch ein halbes Jahr mehr vergangen – hat sich hier nämlich einiges ereignet: Durch die Anomalie konnte ein Nosfera aus der dunklen Zukunft in das Steampunk-Lancester eindringen, mit dem der Weltenwechsel seinen Anfang nahm. Dieser merkwürdige Vampyr erregt die Neugier von Bürgermeister Verne, der nun wiederum den fatalen Fehler begeht, die Antagonisten aus Zeitbeben, Charles Dwyne nebst Sohnemann, aus dem Knast zu holen und gegen das Versprechen einer vollständigen Amnestie auf die Expedition in die Parallelwelt zu schicken. Dort angekommen, macht der Ex-Luftschiffmagnat natürlich prompt gemeinsame Sache mit den Blutsaugern, es kommt zu einer Eroberung Lancasters und zur Unterjochung der Bewohner, die fortan regelmäßig zur Ader gelassen werden.
Das alles ist von Stefan Hensch wirklich raffiniert konstruiert und stimmig erzählt; auch wie es dem Mann aus der Zukunft und seiner Gäng im Folgenden gelingt, der verdrehten Situation Herr zu werden, hat mir beim Lesen manch freudiges Aha-Erlebnis beschert. Nur Rulfan darf zur Abwechsung mal ein wenig die Füße hochlegen, dafür ist Worrex in meiner Gunst deutlich gestiegen.
Allerdings zeigt diese Erzählung auch deutlicher als die vergangen Ausgaben, daß das Format Heftroman seine Grenzen hat. Allein wie der Nosfera Ranock Unzufriedene um sich schart und den Orden der tiefsten Nacht gründet, bietet genug Potential für eine eigenständige Geschichte, die der Autor sicher mit längerem Atem und psychologischem Feinsinn hätte erzählen können. Ebenso muß die Invasion der Bleichen und das Installieren des faulen Friedens von Lancaster viel zu knapp abgehandelt werden. Daher lesen sich diese wichtigen Handlungssegmente leider allzu sehr wie eine schnöde Inhaltsangabe, denn: Der Roman muß nun mal auf 65 Druckseiten passen. Auf Blut gebaut wäre aber auch auf 150 oder 200 Seiten sicher nicht langweilig geworden.
Andererseits: MX 542 ist für mich eine der gelungensten Episoden der letzten Monate – wenn ich mich hier beschwere, ist es wohl auch ein wenig das, wofür der Volksmund die Redewendung Meckern auf hohem Niveau bereithält. Und es liegt ja auch in der Natur der Sache - vielleicht ist das auch eher als Anregung an den Verlag zu verstehen, mal wieder ein Hardcover zu veröffentlichen...
Übrigens: Der Plan der Archivare, die Anomalien mithilfe ihres energiefressenden Wesens in den Griff zu bekommen, läßt sich erstmal ganz erfolgversprechend an. Und dass das Vieh nach getaner Arbeit brav in die Stasiskapsel zurückschlüpft, macht das, was von KdL-Olivia noch übrig ist, für einen kurzen Moment beinahe so niedlich wie ein Katzenvideo. Fehlt nur, daß es große Augen macht oder knuffig schmatzt. Aber irgendwie traue ich dem Braten nicht... aufs Streicheln würde ich in jedem Fall lieber verzichten.
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