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Montag, 11. Mai 2020

Fürs Archiv: GRÜN


Auf diversen Fanseiten veröffentlicht und nochmal für hier
zusammengeklaubt. Denn alle Lust will Ewigkeit.

MX 526 - Rote Pest
Was für ein Spitzenauftakt des Dreiteilers, auf den ich – lese die Serie erst seit Sommer 2019 – wirklich hingefiebert habe. Denn ich war der Einzelabenteuer nach dem Strickmuster „Neue Hecke - Neues Setting“ etwas müde, auch wenn ich für sich genommen (fast) jedes einzelne von ihnen mochte. Jetzt laufen also endlich ein paar Handlungsfäden zusammen, wie es scheint. Doch zum Glück zäumen Jana Paradigi und Ramon M. Randle das Pferdchen von einer ganz und gar unerwarteten Seite her auf: Statt daß ich brav erzählt bekomme, was denn nun die Archivare mit dem Parallelweltphänomen zu tun haben; oder in welcher Weise Kormack (eventuell auch Smythe?) ihre üblen Pläne weiterverfolgen, schlägt das Autoreteam gleich mehrere Volten, die mich überraschen und beim Lesen ordentlich Laune machen:
Da ist zum ersten der Ausflug nach Neuseeland und die Begegnung mit den Halblingen, die mir aus einem anderen literarischen Werk (wie MX ebenfalls eines von Weltrang ;-) ) herrlich vertraut vorkommen. Ferner sind da Aruulas visionärer Blick in (ein zukünftiges? ein paralleles?) Russland, das von der gleichen Pflanzenseuche heimgesucht wird wie das Kürbisfeld der Hobbitse, der Junge Mikhail auf einer dramatischen Flucht, und die Fortsetzung der Geschichte um die Hydriten Shin'loa, Quart'ol und den rebellischen Fleischfresser Ru'kor - aus jenem Rom-Zweiteiler, mit dem meine Reise ins Maddrax-Universum letztes Jahr ihren Anfang nahm. Auch in diesem Handungstrang spielt eine pflanzlicher Schädling eine entscheidende Rolle.
Also wirft der Roman erstmal mehr Fragen auf, als er mir Antworten gibt, aber das tut er höchst unterhaltsam. So kann ich die (wunderschön geschilderte) Welt der Halblinge und der anderen Bewohner des Tolkien-artigen Neuseelands erstmal noch nicht so wirklich einordnen. Das Drehbuch zum Herrn der Ringe-Film unserer Zeit scheint in dieser Gesellschaft so eine Art heilige Schrift zu sein – aber befinde ich mich jetzt als Leser auf der gewohnten Post-Christopher-Floyd-Erde oder doch in Art Parallelwelt, nur ohne die gewohnte unzweideutige Markierung? Die übliche Dornenhecke hat ja gegen die rote Pest kaum eine Chance. Überhaupt ist die Seuche ein Rätsel für sich: eine Pflanze mit Bewußtsein, ein Tier oder doch Magie? Und dann gibt es da noch die Rückkehr eines gottähnlichen Pflanzenwesens namens GRÜN, der Matt, Rulfan und Aruula zur Hilfe ruft, obwohl er in der Vergangenheit der Serie offenbar keine rühmliche Rolle gespielt hat. GRÜN ist mir als Neuleser noch gänzlich unvertraut, also habe ich mir das Romanheft 69-Heimsuchung antiquarisch im Netz bestellt. Es kommt hoffentlich bald und hilft mir, die Zeit bis zum übernächsten Dienstag zu überbrücken, denn auf „Die bionetische Bombe“ bin ich jetzt heiß wie Frittenfett.
Kurzes Fazit: „Rote Pest“ ist witzig und spannend geschrieben, das Cover wäre ein A2-Poster wert, und der Plot ist angesichts der Corona-Krise beklemmend aktuell. Auch deshalb war ich emotional sehr nah bei der Geschichte von Mikhail, dem ich gerne ausfühlicher wieder begegnen möchte.


MX 527 - Die bionetische Bombe
 Wie ich als Kurzer - ich war so zwölf, dreizehn Jahre alt – angefangen habe, John Sinclair zu lesen, war eines meiner ersten Heftchen die Nummer 460 „Der grausame Wald (1.Teil)“. Und da mein Taschengeld auch noch für die BRAVO und Süßkram reichen mußte, verzichtete ich auf den Kauf des Folgeheftes „Lupina gegen Madragoro“ und wartete brav auf „Der grausame Wald (2. Teil)“, der aber nie erschien. Ich hatte halt noch nicht gerafft, wie das bei den „Schundheftchen“ (Zitat meiner besorgten Mutter) so läuft: Zwei-, Drei- Vier- und Mehrteiler haben keinen eigenen übergeordneten Titel. Das zweite Buch von Tolkiens „Herrn der Ringe“ hieße bei Bastei & Co also schlicht „Die Zwei Türme (2.Teil)“, und Ian Rolf Hill hat mit „Die bionetische Bombe“ ebenfalls den mittleren Teil einer Trilogie innerhalb der Maddrax-Reihe vorgelegt, die als solche keinen Namen hat. Tolkien selbst spielt aber eine entscheidende Rolle, bzw. Tolkiin und seine weltbekannten Schöpfungen Gundolf, Arradorn, Bulba Sacklin, Krollum und natürlich Saa'ron, Inkarnation des Bösen schlechthin.
Ein Tagebuch aus dem Jahre 2012 klärt auf: Ein Filmteam befindet sich in Neuseeland, um ein Prequel zur erfolgreichen Fantasy-Saga zu drehen, der Komet Christopher-Floyd verwüstet die Erde, der Star des Sets Kelly McIan schwingt sich zum Anführer der Überlebenden auf – und irgendwann in 500 Jahren wird daraus die Halblings-Community gewachsen sein, die wir im Vorgängerroman „Rote Pest“ bereits kennen gelernt haben. Das alles ist so herrlich schräg, mit so bizarren Windungen und Seitenhieben erzählt, daß es mir klar macht, warum „Maddrax“ und keine andere Serie mein vierzehntägiges Pulp-Vergnügen der Wahl ist: Das Autor/-innenteam erzählt nicht nur spannend, sondern auch gerne mal ironisch. Das bewußte Spiel mit den Genres und ihren Klischees scheint ihm dabei wahnsinnig viel Vergnügen zu bereiten. Und dieser Funke springt auch oft auf mich als Leser über.
Erst gegen Ende des Bandes enthüllt Ian Rolf Hill, was es mit der titelgebenden bionetischen Bombe auf sich hat - und die erzählerische Bombe platzt noch ein paar Seiten später. Den blutrünstigen Parallelwelt-Hydriten um Ru'kor nämlich kommt eine besondere Aufgabe zu, denen die friedliebenden vegetarischen „Original“-Hydriten im Kampf gegen die Seuche der Roten Pest nicht gewachsen zu sein scheinen. Diese droht sich auf alles organische Leben des Planeten auszudehnen. Eine raffinierte Wendung, denn die versuchte Umerziehung der gewaltbereiten Artgenossen hatte nicht nur einen totalitären Beigeschmack, sie erwies sich auch als zum Scheitern verurteilt. Indem sie ihren Makel aber nun als Stärke nutzen können, kommt ihnen jetzt hingegen eine Schlüsselposition in der Verteidigung der Erde gegen einen mächtigen biologischen Feind zu. (Die Parallelen zur derzeitigen COVID-19-Pandemie sind übrigens beklemmend, wenn auch nicht beabsichtigt. Da hat die Realität die Fiktion eingeholt.)
Ingesamt ein toller Band, der auf vielschichtige Art von Wandlungen und Besessenheiten erzählt – ein Schaupieler wird zu Krollum, Ausgestoßene werden du Hoffnungsträgern, GRÜN wird zu Rot und umgekehrt. Und der große Lust auf den dritten Teil macht!


MX 528 - GRÜN 
 Letzten Freitag, ich hatte gerade ein wenig im aktuellen MX geblättert und vorab schonmal Anzeigen und Leserbriefe studiert, laufen üble Nachrichten in der Glotze: Das Great Barrier Reef vor der australischen Nordküste verzeichnet in Folge des Klimawandels die massivste Verbleichung seit Beginn der Aufzeichnungen. Ebenfalls vor der australischen Küste spielt auch der dritte Teil der aktuellen Maddrax-Trilogie. GRÜN heißt der Band, und sogar eine Öko-Botschaft haben Sascha Vennemann und Lucy Guth parat: Vielleicht, so denkt Matt an einer Stelle, hat der Kometeneinschlag vor 500 Jahren die Menschheit sogar gerettet, hätte der Homo Sapiens doch andernfalls per Klimawandeln und Ausbeutung des Planeten selbst gründlicher für sein eigenes Aussterben gesorgt, als Kristofluu es je gekonnt hätte.

Überhaupt scheint dem Autor/innenduo nicht sehr daran gelegen zu sein, mit Action und Kawumms die Handlung voranzutreiben. Fast magisch, mystisch, meditativ konnte ich bei meiner Lektüre Matt folgen, wie er trockenen Fußes in einer Höhle aus Pflanzen über den Meeresboden spaziert, verschiedenartige Vegetationen und Erdzeitalter bereist und sein Geist eine große Unterweisung durch jene gottähnliche Entität namens GRÜN erhält, über das der Neuleser (also ich) per Maddraxikon nur Spärliches erfahren hat. Was für ein abgefahrenes Setting! Beinahe weht ein Hauch Michael Ende durch den Genre-Mix... ;-) Der zeitliche Bogen spannt sich von der Entstehung des ersten Lebens über das Austerben der Dinosaurier bis in die aktuelle Handlung hinein und spielt dabei auf vieles an, was schon hunderte Bände zurückliegt und sicher nicht jeder wissen kann. Zum Beispiel hatte Matt wohl mal einen Sohn mit GRÜN und Aruula... Nun ja, immerhin dessen Zeugung konnte man in den leider eingestellten Sammelbänden noch so gerade miterleben.

Erst gegen Ende dieses (im positiven Sinne!) seltsamen grünen Trips wird auch plotmäßig der Sack zugemacht. Das geht dann für meinen Geschmack etwas zu kurz und knackig, ist aber vielleicht im Kontrast zum ruhigen Erzählfluß bis dahin doch ganz richtig so. Der roten Pest geht es an den Kragen, das Geheimnis um die Parallelweltphänomene wird – ein bißchen – entschleiert, und neuartige Fischmenschen tauchen auf und teasern den Folgeband an: Die Götter von Ham'Bay. Bei der ökologisch korrekten Stoßrichtung dieses Romans hätte es mich ja nicht überrascht, wenn Ham'Bay was mit dem Hambacher Forst zu tun hat, aber da scheine ich dann doch leicht danebenzuliegen... ;-)

Insgesamt war GRÜN ein richtig cooles Leseerlebnis, überhaupt hat die Serie grad einen verdammt guten Flow. „Das perlt,“ würde Dittsche sagen. Ich schließe mich da vollumfänglich an.

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